Ein überwiegendes Verschulden an der Zerrüttung der Ehe ist nur auszusprechen, wenn der Unterschied der beidseitigen Verschuldensanteile augenscheinlich hervortritt, das Verschulden eines Ehegatten also erheblich schwerer wiegt, als das des anderen.
Grundsätzlich kann ein Verhalten oder eine Neigung, die bereits bei Eheschlißeung vorhanden war nicht als Verschulden an der Zerrüttung vorgeworfen werden.
Allerdings hat der OGH nun ausgesprochen, dass jeder Ehegatte vom Ehepartner erwarten darf, dass dieser Neigungen, die ein gedeihliches Zusammenleben stören, so weit als möglich unterdrückt. In der aktuellen Entscheidung war der Ehefrau zwar bereits bei Eheschließung bekannt, dass der Ehemann dem Alkohol übermäßig zuspricht. Sie hat während der gesamten Ehe versucht, ihn davon abzuhalten bzw. zu einem Entzug zu bewegen, was der Ehemann unterlassen hat. Der Alkoholmissbrauch war ständiger Grund von Streitigkeiten.
Dem Ehemann war vorzuwerfen, dass er keine Anstrengungen unternommen hat, etwas gegen seine Sucht zu unternehmen, was letztendlich zur Zerrüttung der Ehe geführt hat, weshalb ihn das überwiegende Verschulden trifft.
OGH 1Ob69/20h 25.5.2020