Die Isolierung und damit Freiheitseinschränkung eines Bewohners eines Altersheims während des Quarantänezeitraums kann trotz negativer COVID-19-Testung zulässig sein. Der OGH sprach die Zulässigkeit aus, weil der Bewohner unter einer Demenzerkrankung leidet und keine gelinderen Mittel zum Schutz der Mitbewohner möglich war (dem Heimbewohner gelang es aufgrund seiner Demenzerkrankung nicht, die Abstandsregeln einzuhalten und einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen).

Erstaunlich war, dass im Verfahren über die Zulässigkeit der Isolierung des dementen Bewohners aufgrund der COVID-19-Pandemie sich das Gericht keinen persönlichen Eindruck von dem Bewohner verschaffte !!

Der Bewohner wurde nicht zur Verhandlung beigezogen bzw. diese wurde nicht in der Einrichtung durchgeführt. Seitens des Gerichts wurde auch kein Pflegegutachten bzw. ein medizinisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt. Der OGH hat diesbezüglich ausgesprochen, dass im Verfahren ausschließlich das Infektionsrisiko und die Präventionsmöglichkeiten zu klären waren und diese Umstände mangels Entscheidungsrelevanz keine in dritter Instanz aufgreifbaren Verfahrensmängel darstellen würden.

Der OGH gelangte im Hinblick auf die festgestellte geringe Aussagekraft der Tests (das Virus konnte durch den Test nur bei 32 bis 63 % der tatsächlich Infizierten nachgewiesen werden), den Schutz der vulnerablen Mitbewohnergruppe und die fehlende Möglichkeit gelinderer Mittel zur Auffassung, dass die Freiheitsbeschränkung durch Isolierung für den damals üblichen Quarantänezeitraum von 14 Tagen ab der letzten Infektionssymptomatik (Fieberschub) zulässig war.

OGH 23. 9. 2020, 7 Ob 151/20m