OGH 29. 9. 2020, 6 Ob 137/20w
Die Schwierigkeit des Nachweises, dass ein ärztlicher Behandlungsfehler für eine Gesundheitsbeeinträchtigung kausal war, rechtfertigt eine Beweiserleichterung für den Patienten, der beweispflichtig ist.
In Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung liegt diese Beweiserleichterung bezüglich des Kausalzusammenhangs in der Reduktion des Beweismaßes auf überwiegende Wahrscheinlichkeit. Die bisher vertretenen Ausprägungen der Beweiserleichterung (“abgemilderte Beweislastumkehr”, Anscheinsbeweis) sind nicht sachgerecht bzw. tauglich.
Wenn der Nachweis misslingt, dass der Behandlungsfehler für den Gesundheitsschaden überwiegend wahrscheinlich war, schließt dies eine Teilhaftung des Arztes wegen alternativer Verursachungskonkurrenz nicht aus.
Wenn feststeht, dass der Gesundheitsschaden mit gleicher Wahrscheinlichkeit entweder durch den Behandlungsfehler oder durch einen dem Geschädigten zurechenbaren Zufall verursacht worden ist, haftet der Arzt für die Hälfte des Schadens.