OGH 27.11.20, 2 Ob 227/19z

Wenn der Erblasser vor seinem Tod Vermögen verschenkt, ist der Wert der Verlassenschaft verringert. Pflichtteilsberechtigte können vom Beschenkten unter gewissen Voraussetzungen eine Ergänzung des Pflichtteils fordern. Der Wert der Schenkung wird den Aktiva in der Verlassenschaft hinzugerechnet und auf dieser Basis der Pflichtteilsanspruch neu berechnet. Die Differenz ist der Ergänzungsanspruch gegenüber dem beschenkten Erben.

Personen, die berechtigt sind, eine Ergänzung zu fordern haben einen Anspruch auf Auskunft gegenüber den Geschenknehmern. Diser Auskunftsanspruch kann gerichtlich geltend gemacht werden.

Der Hinzurechnungsberechtigte muss zur gerichtlichen Durchsetzung des Auskunftsanspruchs Umstände behaupten und beweisen (nicht bloß bescheinigen), die auf eine hinzurechenbare Zuwendung schließen lassen. Wenn sich das Begehren auf Auskunft gegen die Verlassenschaft oder Erben richtet, reicht eine sonst nicht erklärbare Vermögensverminderung ohne Angabe eines bestimmten Empfängers als Indiz aus. Bei Geschenknehmern sind Indizien für eine Zuwendung an die in Anspruch genommene Person erforderlich. Innerhalb des engen Familienkreises und insbesondere innerhalb der Pflichtteilsberechtigten sind jedoch an solche Indizien keine hohen Anforderungen zu stellen.

Wenn ein Pflichtteilsberechtigter bereits hinzurechenbare Zuwendungen erhalten hat, stellt dies ein ausreichendes Indiz dar, um weitere Zuwendungen prüfen zu lassen. Diesfalls kann ein anderer Pflichtteilsberechtigter Auskunft über weitere, noch nicht bekannte Schenkungen verlangen.